Self-Scanning – schneller bedeutet nicht besser
Ich gehe zum Einkaufen in den Supermarkt. Doch etwas ist dieses Mal anders: Im Eingangsbereich vor den Früchten steht ein hohes Gestell, in dem kleine elektronische Geräte stecken.
Zunächst bin ich irritiert, dann ärgerlich, weil mir mehrere Personen den Weg versperren. Dann erst merke ich, worum es hier geht: Es ist eine Werbung, um mit Self-Scanning einzukaufen; also den Preis der Ware selber elektronisch erfassen und an einem Automaten bezahlen.
Ich werde angesprochen, ob ich mit Self-Scanning einkaufen wolle. „Wieso?“ frage ich.
„Damit können Sie schneller einkaufen und müssen nicht mehr an der Kasse anstehen.“
Etwas trotzig antworte ich: “Ich will aber nicht schneller einkaufen und das Warten an der Kasse macht mir nichts aus“ und gehe weiter …
Innerlich bin ich nicht nur aufgewühlt, sondern wütend: Wieso wird mir schnelleres Einkaufen als besser angepriesen? Hier ist doch etwas faul. Wenn die Kundschaft dieses System annimmt, werden früher oder später Arbeitsplätze abgebaut!
Zu Hause habe ich mich genauer informiert: Etwa 1/4 der Personalkosten einer Filiale entfallen auf den Kassenbereich. Anstelle einer konventionellen Kasse können vom Platzbedarf her zwei Kassenautomaten aufgestellt werden.
Also habe ich mich nicht getäuscht: Arbeitsplätze an den Kassen, wo viele Frauen arbeiten, sind in Gefahr! Der Arbeitgeber kann Löhne, AHV, Pensionskassen- und andere Sozialleistungen einsparen.
Und was bedeutet Self-Scanning für die Kunden? Die Kunden erbringen eine Dienstleistung, für die Angestellte bezahlt würden. Also werden sie ausgenutzt. Ausserdem besteht ein Misstrauen. Denn die Kunden müssen zustimmen, dass ihre Einkaufstaschen hin und wieder kontrolliert werden.
Mit Self-Scanning wird den Kundinnen und Kunden etwas vorgegaukelt: Nämlich schnelleres, selbständigeres und besseres Einkaufen als Fortschritt und Freiheit. Den wirklichen Vorteil aber hat die Geschäftsleitung: Mehr Produkte in kürzerer Zeit verkaufen und höheren Gewinn erzielen.
Zurück im Supermarkt: Einkaufen ist für mich auch ein Erlebnis – nicht schnell, schnell – und beim Warten an der Kasse Blickkontakte oder ein Gespräch.
… Ich lege die Aprikosen, Tomaten und anderen Dinge aufs Band und sehe, was ich alles eingekauft habe. Mir wird bewusst, wie wichtig es ist, nicht nur Sorge dafür zu tragen, WAS ich einkaufe, sondern auch WIE ich einkaufe. … Beim Bezahlen ein Blickkontakt mit der Kassiererin und eine freundliche Verabschiedung.
Wenn Sie einkaufen gehen, bitte tragen Sie auch Sorge dafür, WIE Sie einkaufen.
Schneller bedeutet nicht besser!
„Wort zum Sonntag“ am 16. August 2014
Beitragsfoto: www.flickr.com
Sie haben so etwas von recht, gut dass immer wieder darauf hingewiesen wird. Wir Konsumenten sollen zur Gewinnoptimierung gratis und somit auch zu Entlassungen beitragen! Ich werde mich weiterhin stur dagegen wehren. Danke für Ihre klaren Worte.
Sehr geehrte Frau Grubenmann, danke für Ihre Rückmeldung! ... Dort, wo ich im Supermarkt einkaufe, kommen u.a. zwei Aspekte hinzu: 1. Die Kassiererinnen können sich gegen das Self-Scanning-System nicht wehren. Wollen sie ihren Arbeitsplatz in dieser Filiale behalten, müssen sie das hinnehmen. 2. Würde ich Self-Scanning anwenden, wäre es manchen Kassiererinnen sehr peinlich, meine Einkaufstaschen kontrollieren zu müssen. ... Self-Scanning wird als modernes Einkaufen und mehr Freiheit angepriesen, aber bedeutet im Grunde genommen mehr Kontrolle! In den einzelnen Filialen kann man das Kassenpersonal auch unterstützen, indem man als Kundin/Kunde eine Kritik an die Geschäftsleitung schreibt (vorgedruckte Kunden-Karten liegen meistens im Ausgangsbereich aus). Freundliche Grüsse, Nadja Eigenmann
Ich habe das 'Wort zum Sonntag' - zufällig - mitbekommen und war derart irritiert und verwirrt, dass ich erst einmal nachgesehen habe, was ich denn da schaue: Setting, Kulisse - Wort zum Sonntag, Inhalt - Strategieveranstaltung einer Supermarktkette (in deren Flughafen-Filiale ich den Self-Scanner übrigens sehr gern benutze).
Wenn die Verwirrung beabsichtigt war, ist sie vollumfänglich gelungen. Dann aber kam auch eine gehörige Portion Verärgerung in mir auf. Ich sehe im WzS eine tolle Möglichkeit für Vertreter/innen der christlichen Gemeinschaften, 'von der Hoffnung, die in uns ist, Zeugnis zu geben' (vgl. 1Petr 3,15). Davon war aber in diesem Beitrag nur mit viel Interpretationsfähigkeit (die mir vielleicht abgeht...) was zu finden. Das finde ich sehr bedauerlich. Ich denke, dass man auch im öffentlich-rechtlichen TV Begriffe des Religiösen direkt und deutlich aussprechen und die christliche Botschaft in gebotener Kürze und dem Medium angepasster Weise verkünden darf, ohne den Vorwurf von Frömmelei abzubekommen. Evangelikale Sender haben damit bekanntlich keine Schwierigkeiten und wenn die Landeskirchen die Chance bekommen, Wort Gottes in zu Evangelikalen alternativer Weise zu verkünden, finde ich es schade, wenn diese Chance vegeben wird. Wenn da allerdings die Bestimmungen des TV Zurückhaltung gebieten, ist ernsthaft die Frage zu stellen, ob das WzS Sinn macht.
Sehr geehrter Herr Stewen Dieses "Wort zum Sonntag" habe ich dem Thema Self-Scanning gewidmet und im Sinne der christlichen Ethik durchleuchtet. Wir Christen/Christinnen haben auch eine individuelle Verantwortung, um zur Arbeitsplatzerhaltung in unserer Gesellschaft beizutragen. Ich habe dazu klar Stellung bezogen. Dem Konsumismus-Geist und denen, die ihm huldigen, mundet dieses Wort gar nicht! Von Seiten des TV ist auf keinen Fall Zurückhaltung zu biblischen Themen und Glaubensfragen geboten! - Ich habe zu vielen biblischen Themen gesprochen, z.B. beim vorletzten Mal, am 19. Juli '14, zum Thema "Leidenschaft". Freundliche Grüsse, Nadja Eigenmann
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