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Referendum FMedG oder der Film "Das Vorstellungsgespräch"

Referendum FMedG oder der Film "Das Vorstellungsgespräch"
Regula Bosshard
Diplomkatechetin für die Primarstufe, Mitarbeiterin von Relimedia
Regula Bosshard
11. November 2015

Zeit der Wahlen, Zeit der Bekenntnisse und Versprechungen. Bunte Logos weisen auf die verschiedenen Parteien hin, man kennt sie von weitem, wie Coop oder Migros.
Ein freundlich strahlender Mann streckt mir eine Wahlzeitung entgegen garniert mit der Bitte, doch die entsprechende Liste einzuwerfen. Ich bin in Stimmung und lasse mich auf ein Gespräch ein. Er lädt mich ein, das Referendum gegen die Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes zu unterschreiben.
Dieses Gesetz ermöglicht neu die genetische Suche nach Erbkrankheiten bei erblich belasteten Paaren und nach Chromosomenstörungen von Keimzellen und Embryonen bei allen Paaren. Mit dieser Untersuchung könnten beispielsweise Embryonen mit Down-Syndrom (Trisomie 21) vor der Verpflanzung in den Mutterleib eliminiert werden.

Mir kommt der kürzlich neu im Relimedia eingetroffene Kurzfilm „Das Vorstellungsgespräch“ in den Sinn. Er hat mich nachhaltig beeindruckt und mir gleichzeitig ein Lächeln auf das Gesicht gezaubert, nicht zuletzt dank eines Menschen mit Down-Syndrom.

„Das Vorstellungsgespräch“

Nervös wartet Thomas Howell auf sein Vorstellungsgespräch in einer renommierten Anwaltskanzlei. Es dauert viel zu lange und steigert seine Nervosität. Da endlich erscheint ein junger Mann und holt ihn ab. Speziell: Der Mann, der sich als sein neuer Vorgesetzter James Dexter vorstellt und ihn galant in sein Büro bittet, ist ein Mensch mit Down-Syndrom.

Bild 2 Thomas Howell

Thomas weiss nicht, was er davon halten soll, fragt höflich nach, ob noch jemand anderer  zum Gespräch kommt. James verneint und merkt sogleich an, dass Thomas eine hässliche Krawatte trage. Etwas mehr Buntheit wäre angebracht und würde ihm besser stehen. Das Gespräch nimmt seinen Lauf, wird immer skurriler und die Mimik Howell’s immer nachdenklicher. Eigentlich möchte er das Gespräch abbrechen – die Zeit scheint vertrödelt – bis es zu einer unerwarteten Wendung kommt.

Bild 3 James 10_1_09_09

Es zeigt sich, dass James sich seine Fragen gut überlegt hat. Er konfrontiert den Bewerber mit seinen selbstverständlichen Äusserungen dermassen, dass sich daraus ein ganz ehrliches Gespräch entwickelt. Thomas Howell ist schwer beeindruckt und beginnt  von seiner eigenen Karriere zu erzählen. James kann nicht verstehen, warum sich Thomas als Anwalt ausgerechnet bei ihnen bewirbt, er hätte doch alle Chancen! Thomas erklärt, dass seine Anwaltskanzlei sich zu wenig für die Gesellschaft eingesetzt habe, dass sie eine reine Geldmaschine sei. Er empfindet es beinahe als störend, als die Tür aufgeht und der Vater von James, Paul Dexter den Raum betritt.

Bild 4 James Thoma und Paul 10_1_16_16
Sofort rügt dieser seinen Sohn, schon wieder seine Kompetenzen überschritten zu haben. Er könne nicht einfach die Akten aus seinem Büro behändigen. Ihm wären doch andere Aufgaben zugedacht. Er entschuldigt sich bei Thomas Howell und fordert ihn auf, ihm in sein Büro zu folgen, damit das Vorstellungsgespräch beginnen könne. Etwas widerwillig und mit fragendem Blick erhebt sich dieser um dem Chef zu folgen. Dabei wendet er sich nochmals an James mit der Bemerkung, dass er glaube, von ihm noch viel lernen zu können.
Vater Dexter wird hellhörig und wirft ein Auge auf die Notizen seines Sohnes. Erstaunt über dessen Fragenkatalog will er von James wissen, wie denn die nächste Frage gelautet hätte?

Es ist wirklich bemerkenswert. Da ist ein behinderter Mensch mit Down-Syndrom, welchem der Bewerber und auch sein Vater eigentlich nichts zutraut. Zugegeben, seine Art ist etwas seltsam und befremdend. Aber die ernsthafte Fröhlichkeit und sein Charme helfen darüber hinweg. Er ergreift die Initiative zu einer Aufgabe, welche nicht für ihn gedacht ist.

Seit zehn Jahren Kaffee kochen und Akten kopieren, davon hat er genug. Er stellt sich selbst eine neue Herausforderung und ergreift die Möglichkeit, ein Vorstellungsgespräch nach seinem Gutdünken zu führen und dabei die Betroffenen zu überraschen. Intuitiv wählt er Fragen, welche sein gegenüber zum Gespräch bewegen, Tiefgang haben, und die wahren Beweggründe auf den Tisch bringen. In kurzer Zeit gelingt es ihm gleich zwei Menschen zu beeindrucken. Mit Erstaunen erkennen sie seine Gabe, die richtigen Fragen zu stellen. Sie fördern dieses Talent und lassen ihm den Raum, es auch einzusetzen, ganz offiziell zum Wohle der Firma. In Zukunft wird in dieser Anwaltspraxis James Dexter dabei sein, wenn Bewerbungsgespräche geführt werden und Thomas Howell bietet die Getränke an. Noch mancher nervöse Bewerber wird sich wundern, dass er von einem Menschen mit Down-Syndrom charmant zum Vorstellungsgespräch gerufen wird.

Ich unterschreibe dieses Referendum.

In diesem Film geht es um Menschen mit Behinderung, Inklusion, Kommunikation, Leistungsanforderungen, Menschenbild. Er bezieht den Betrachter direkt in die Auseinandersetzung mit ein und provoziert damit zu einer eigenen Position.

Der Kurzfilm eignet sich hervorragend zur Einstimmung eines Referates oder einer Diskussionsrunde zum Thema Behinderung, Down-Syndrom und pränatale Diagnostik. Auch zur modernen Herausforderung „Inklusion“ werden Erklärungen und Anstösse gegeben, unter anderem mit einem kleinen Zusatzfilm. Entsprechende Anregungen findet man bei den reichhaltigen Unterrichtsmaterialien auf der DVD-ROM. Geeignet ist der Film für Oberstufe, Jugendarbeit und Erwachsenenbildung.

Cover SKMBT_C25315093013510

Den Kurzfilm (12 Min.) „ Das Vorstellungsgespräch“ gibt es bei Relimedia in Verleih, Verkauf und Download mit öffentlichen Rechten.