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Friedengruss: Ein Zeichen für Zugehörigkeit

Friedengruss: Ein Zeichen für Zugehörigkeit
Chefredaktor Pfarrblatt forum
Thomas Binotto
Thomas Binotto
23. August 2014
Was bedeutet es, sich ein «Zeichen des Friedens und der Versöhnung» zu geben?

Früher hat es mir Mühe bereitet, beim Friedensgruss meinen Nachbarinnen und Nachbarn im Kirchenbank die Hand zu geben. Nicht weil es mir zu intim oder zu unhygienisch erschien, sondern weil ich es für zu beliebig hielt. Im Alltag geben wir die Hand beinahe bedenkenlos jedem.

Ist dieses Ritual nicht zu profan und zu abgenutzt für den Gottesdienst?

Der Friedensritus im Gottesdienst ist alt. Er geht auf Paulus zurück, der im Brief an die Römer schreibt:

«Grüsst einander mit dem heiligen Kuss.»

Und auf die Bergpredigt, in der Jesus sagt:

«Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe.»

Wo genau der Friedensritus im Gottesdienst stattfindet, wurde unterschiedlich gehandhabt, mal wünschte man sich Frieden und Versöhnung vor dem Hochgebet, mal nach dem Hochgebet. Auch die Gestaltung war unterschiedlich. Ursprünglich umarmte jeder seinen Nachbarn, dann wieder ging der Ritus vom Altar aus. Seit 1970 steht der Friedensritus nach dem Hochgebet und vor der Brechung des Brotes. Er gehört zur Kommunion und gilt als Vorbereitung zum Kommunionempfang. Das offizielle Messbuch für die deutsche Sprachregion schreibt jedoch keine bestimmte Form vor. Man solle «in einer den örtlichen Gewohnheiten entsprechenden Weise einander die Bereitschaft zu Frieden und Versöhnung bekunden».

Sich die Hand zu geben, ist also eine, aber ganz und gar nicht die einzige Art und Weise, sich dieses Zeichen zu geben. Man kann sich auch freundlich zunicken, kann sich umarmen, sich sogar küssen, freundlich zulächeln. Bereits ein Leuchten in den Augen reicht aus. Auf diese Vielfalt von Formen sollten wir immer wieder hinweisen, damit nicht aus einer bestimmten Form wieder ein neuer Zwang entsteht, bis schliesslich die Form wichtiger als der Inhalt wird.

Friedensgruss – Zeichen der Zugehörigkeit!

Wir sollten uns beim Nachdenken über die Form immer wieder bewusst werden, dass es im Friedensgruss nicht um eine rituelle Floskel, sondern um eine tief empfundene Zuneigung geht.

1-Kirchentüre_Wiedikon_4  FOTO Arnold Landtwing
Der Friedensritus soll uns deshalb auch aufrütteln, wenn er uns immer wieder vor Augen und Herzen führt, dass wir uns im Gottesdienst nicht zufällig als eine Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern ansprechen lassen. Wir sind einander verbunden, wir tragen füreinander Verantwortung, wir wünschen einander das Beste, wir sind am Tisch des Herrn mehr als bloss Banknachbarn.

Vor diesem Hintergrund habe ich mich inzwischen mit dem Händedruck versöhnt, erst recht, wenn ich ihn unbekannten Menschen gebe. Denn wenn ich ihnen später im Alltag auf der Strasse wieder begegne – und sei es nur von fern – dann wird mir bewusst, dass die Verbundenheit unter Christen mich in einem meist unsichtbaren Netz stärkt und begleitet.

Die Grundlagen zum Friedengruss bei Wikipedia .

Der Beitrag stammt aus dem forum-Pfarrblatt.