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FoodWaste: Studierende essen Reste mit Genuss

FoodWaste: Studierende essen Reste mit Genuss
Kerstin Lenz
Kerstin Lenz
26. September 2016

Der Begriff FoodWaste (zu Deutsch: Lebensmittelverschwendung) bezeichnet Lebensmittel, die in den Produktionsverfahren verloren gehen und deshalb nie zu den Konsumenten gelangen. Verschwendete Lebensmittel sind die Produkte, die einfach übrig bleiben – meist weggeschmissen werden – weil wir zu viel eingekauft haben, die Portion im Restaurant zu gross war oder weil wir einfach keine Lust mehr auf die übrigen Pommes/Kartoffeln/Salatblätter/Erbsen etc.pp. auf dem Teller haben. Junge, urbane Menschen haben das Problem erkannt. In Zürich gibt es an verschiedenen ETH-Standorten sowie im Niederdorf die „Äss-Bar“, die Bäckerei-Produkte vom Vortag zum halben Preis verkauft. Das bedeutet mit gutem Gewissen lecker essen ohne ein grosses Loch in die Geldbörse zu reissen.

Silvia Berchtold

Und auch Musikerin Silvia Berchtold (26, links im Bild), Mitarbeiterin mit kleinem Pensum im aki, der katholischen Hochschulgemeinde am Hirschengraben , debattierte mit Freunden zum Thema FoodWaste.

„Für mich ist es ein christliches Anliegen, Essen nicht weg zu schmeissen. Es hat mit dem verantwortungsvollem Umgang mit der Schöpfung zu tun“, erklärt die zierliche Rotblonde mit Brille.

So begann sie im Herbst 2015 Quartierläden nach Speisespenden abzuklappern. Die Idee war ganz einfach, denn Hunger haben ja alle immer wieder: Sie wollte einen Z`mittag im aki anbieten, der regelmässig während des Semesters stattfindet, mit Essen, das sonst im Kübel landen würde. Das Team um aki-Leiter Franz-Xaver Hiestand fand die Idee faszinierend und wollte sie rasch umsetzen. Den aki-Garten sowie die Cafeteria im Erdgeschoss regelmässig zu bevölkern, gemeinsam Mittag zu essen, ins Gespräch zu kommen, passt zur Ausrichtung der Hochschulgemeinde. „Wir sind sehr froh um das neue Angebot“, sagt Hiestand. Bei meinem Besuch sind um die 30 Junge dabei – viele weiblich. Ich hebe den Altersdurchschnitt, gemeinsam mit einer Ärztin vom Uni-Spital, die gern kommt, da sie schon zu Studienzeiten häufig im Aki war.

Lauschiger Aki-Garten.

Lauschiger Aki-Garten.

Harziger Start mit „Happy End“

Allerdings war der Start für das Food-Waste-Mittag eher harzig. „Es war sehr mühsam, zu so vielen einzelnen Läden zu gehen und alles mit dem ÖV, damals noch von Winterthur nach Zürich, zu transportieren und dann daraus auch noch etwas Sinnvolles zu kochen. Wir wussten ja vorher nie, was wir bekommen würde“, erzählt die Silvia Berchtold. Nicht alle Läden waren bereit, organisatorische Mühen auf sich zu nehmen, um das Essen sinnvoll weiterzugeben.

Aber die junge Frau blieb dran, telefonierte immer wieder mit Restaurants oder Lebensmittelgeschäften. Häufig waren strenge Auflagen der Grund, warum die Esswaren nicht weitergeben werden konnten, zum Beispiel die richtige Kühlung oder in welchen Boxen das Essen transportiert wird.

Aber dann – wie aus dem Nichts – sagte ein Restaurant in Zürich zu, dass regelmässig Mittwoch Abend ab 23 Uhr die übrig gebliebenen Speisen abgeholt werden könnten. Silvia Berchtold war überrascht, wie unbürokratisch und schnell auf einmal alles ging. Und so fährt sie jeden Mittwoch los und holt mit Helferinnen und Helfern die Essenreste, die dann am nächsten Mittag im aki wieder auf den Tisch kommen. Das Restaurant möchte nicht genannt werden. Wer sich aber das feine „Reste-Buffet“ etwas genauer anguckt, weiss aber, woher die Speisen stammen. Ich zumindest bin mir ziemlich sicher, dass ich Ähnliches schon einmal gegessen habe.

Volle Mägen durch Mundpropaganda

Überraschend auch wie gut auch Mundpropaganda funktioniert: Zwischen 25 und 60 Studentinnen und Studenten seien am Food-Waste-Mittag im aki anzutreffen, so Silvia, viele von ihnen studieren Umweltwissenschaften.

„Meine Sorge, dass alle nur ein billiges Mittagessen wollen, hat sich nicht bewahrheitet. Ich habe wirklich das Gefühl, dass es vielen um die Sache geht.“

Dennoch spricht sie zur Eröffnung des Buffets einige erklärende Worte und bittet um Hilfe beim Abwasch und Abräumen.

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Flyer zum Beispiel vom Bundesamt für Landwirtschaft zu „Zahlen Daten Fakten zu FoodWaste“ liegen direkt neben dem Spendenkässeli. Genügend Freiwillige, die nachts mit dem aki-Auto die Speisen holen, in der Küche aufwärmen, aufs Buffet bringen oder abwaschen, haben sich bisher jedes Mal gefunden.

„Viele wollten helfen. Das hat mich überrascht und gefreut und nimmt mir eine Menge Arbeit ab“, sagt Silvia Berchtold (im Bild oben).

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Resteessen für alle

Das Food-Waste-Mittagessen jeden Donnerstag, 12 Uhr, während des Semesters steht vor allem Studierenden und jüngeren Erwachsenen offen. „Wenn berufstätige Personen im aki Sitzungen haben, sind sie auch herzlich willkommen. Dann gibt es auch mehr Spenden“, lächelt Silvia Berchtold und scheint noch immer ein wenig überrascht von dem Erfolg ihrer kleinen-grossen Idee.

Ab diesem Donnerstag, dem 29. September, beginnt zum Herbstsemester wieder das Food-Waste-Z`mittag. Alle Informationen unter www.aki-zh.ch .

Wir sehen uns im aki?!?

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