Kirche aktuell

Drei Wünsche an die Familiensynode

Drei Wünsche an die Familiensynode
Redaktionsteam
Katholische Kirche im Kanton Zürich
Die Beiträge im Blog geben die Haltung der Autoren wider und müssen nicht in jedem Fall mit der offiziellen Haltung der kirchlichen Körperschaft übereinstimmen.
Katholische Kirche im Kanton Zürich
02. Oktober 2015

Doris Beerli-Keller weiss ganz praktisch, wo bei Paaren und Familien heute der Schuh drückt. Sie berät und begleitet als Paar- und Familientherapeutin sowie Mediatorin in Krisensituationen und Übergängen. Im Vorfeld der Familiensynode in Rom – diese beginnt am Sonntag (4.10. 2015) – hat sie sich oftmals Gedanken darüber gemacht, wie sie reagieren und ihre Erfahrungen weitergeben kann. In einem Interview sind wir ins Gespräch gekommen. Uns hat interessiert, was Paare und Familien belastet – und was die Kirche in diesen Krisensituationen für eine Rolle spielt.

Wie spiegelt sich die Realität von Paaren und Familien heute konkret in Ihrem Beratungsbereich? Was belastet Paare und Familien am meisten?

Die meisten Paare stehen unter grossem Druck. Die Anforderung an beide Partner, Familie und Beruf  vereinen zu können, löst oft grossen Stress in Beziehungen aus. Das Verhandeln miteinander über die Frage „Wer macht was wann?“ ist ungewohnt und wird von alten Rollenbildern geprägt.

Vorwürfe sind schnell und leicht ausgesprochen:
„Ich muss immer alles alleine bewältigen!“
„Du lässt mich im Stich!“
„Du verstehst mich gar nicht!“.

Stress ist ein Liebeskiller.
Stress kann auch körperliche und psychische Erkrankungen auslösen.

Dann leiden alle: Frau, Mann, Kinder.

Paare sind heute der grossen Vielfalt von Lebensgestaltungsmöglichkeiten „ausgeliefert“, Vorbilder, „wie Mann und Frau es macht“, um glücklich zu werden und zu bleiben, fehlen weitgehend.

Jedes Paar muss für sich immer wieder neu aushandeln, wie es seine Beziehung gestalten will. Das braucht

  • Zeit,
  • ein offenes Ohr,
  • gute Kommunikationsmöglichkeiten
  • und die tiefe Bereitschaft, miteinander gut unterwegs zu sein.

Wenn das nicht gelingt, wenn sich Vorwürfe und Abwertung ausbreiten, dann sucht nicht selten der eine oder andere das Verstandenwerden in einer Aussenbeziehung.

Ist Kirche überhaupt ein Thema in der Paarberatung? Wenn ja: Wie?

Paarkrisen sind Lebenskrisen. Wenn Menschen zu uns kommen, stecken sie oft in Sackgassen. Manchmal glauben sie kaum mehr daran, dass der Tunnel ein Ende haben wird.

Zum Leid und Leiden der Menschen hat – oder: hätte – die Kirche durchaus etwas zu sagen. Wenn sie einen Ort anbietet, mit offenem Ohr für die Sorgen und Nöte der Paare, junge und ältere, wenn sie zur Liebe und Fürsorge für sich selber und den anderen in einer wertschätzenden aufbauenden Art sich vernehmen lässt, dann hat die Kirche eine wichtige Botschaft und kann Orientierung und Halt bedeuten.

Stein in der Hand

Stein in der Hand

Menschen brauchen

  • Seelennahrung,
  • Verständnis,
  • Unterstützung,
  • Wohlwollen in ihren Sorgen.

Paare in Krisen brauchen Unterstützung: Beim Sich-entschulden und dem anderen verzeihen können. Das ist nicht einfach, könnte bei der Kirche aber wegweisend und Vorbild sein.

Ist die Haltung der offiziellen Kirche in der Beratungspraxis eher hilfreich oder belastend?

Paare brauchen in ihrer schwierigen Situation einen Ort, wo sie gehört und verstanden werden und sich in ihrer Not akzeptiert fühlen. Da helfen Dogmen und Moral nicht weiter. Im Gegenteil!

Oft ist die Haltung der offiziellen Kirche bekannt. Das Wissen jedoch, dass man dieser nicht folgen kann, sondern ganz andere Wege sucht, löst zusätzlich Schuldgefühle und Gewissensbisse aus. Das kann Leiden verstärken.

Wir Menschen reagieren auf Zuwendung und Respekt für unsere Einzigartigkeit. Und wir verschliessen uns bei Tadel und Verurteilung.

Ist es bei getrennten Paaren ein Thema, wie die Kirche sich äussert (z.B. Bischof Huonder, der von „illegaler Situation“ spricht)?

Ich habe es immer wieder erlebt, dass Paare, die den Weg und die Liebe zueinander verloren haben, in eine grosse Lebenskrise fallen, weil sie sich schuldig und minderwertig fühlen. Wenn dann auch noch die Herkunftsfamilie die Haltung von Bischof Huonder teilt, dann kann  dies zu grössten Nöten führen.

Ich habe in all meinen 25 Jahren Beratungstätigkeit nie erlebt, dass sich ein Paar leichtfertig trennt. Alle Paare schliessend den Bund der Ehe in der tiefen Überzeugung, dass sie sich für immer das Ja-Wort gegeben haben. Wenn die Ehe zerbricht, aus welchen Gründen auch immer, ist dies ein tiefes, einschneidendes Erlebnis, das an den Fundamenten rüttelt. Um diese Erschütterung überstehen zu können, braucht es Zuwendung von Familie, Freundeskreis… und ein Trostwort der Kirche.

Weg mit Stacheldrahtzaun

Weg mit Stacheldrahtzaun

Bedeutet Ihr Einsatz in der Paarberatung in der Praxis mehr Hilfe zum Zusammenbleiben oder beim Auseinandergehen?

Immer wieder erlebe ich, dass Beratung und Mediation Friedensarbeit ist.

Am Anfang des Gesprächs sitzen die Menschen betroffen da, mit zwei Meinungen, unterschiedliche Haltungen und Ansichten. Sie fühlen sich tief verletzt und nicht mehr miteinander verbunden.

Im Beratungsgespräch geht es ums Verstehen: zuerst sich selber verstehen und in zweiter Linie den anderen verstehen. Verstehen, was hinter meiner Not, meiner Haltung oder Meinung steckt, die vielleicht etwas stur und abweisend daher kommt.

Wenn es gelingt, den Draht zum Innersten zu finden, dann offenbaren sich berührende Äusserungen über sich selber und die Gefühle zum anderen, Hoffnungen und Wünsche, die sonst kaum Platz haben und im Streitgespräch sowieso untergehen.

Im eigenen Herz nachspüren, was belastet oder erfreut, diese Sehnsüchte äussern dürfen in einer wertschätzenden und achtsamen Atmosphäre, „sich in die Schuhe des andern stellen können“, wirkt oft wie wenn Engel durchs Zimmer schweben würden.

Das beschenkt nicht nur das Paar, sondern in solchen Augenblicken auch mich als Beraterin. Wenn solche klärende Gespräche möglich sind, dann werden über die tiefsten Gräben hinweg Brücken gebaut und neue Beziehungsfäden gesponnen, unabhängig, ob sich das Paar für das Zusammenbleiben entschieden hat oder ob die beiden miteinander am gleichen Strick ziehen wollen als sorgende Eltern für ihre Kinder.

In der Beratung steht immer das Paar im Mittelpunkt mit seiner Not, die so vielfältig ist wie Lebensthemen sein können. Wichtig ist, dass die Beratung hilft, dass die Menschen aus der lähmenden Hilflosigkeit wieder in Zuversicht und Lebensbejahung kommen und mit sich im Reinen sind.

Wenn Sie bei der Familiensynode vor den versammelten Bischöfen und Papst Franziskus ein Votum abgeben dürften – welche drei Punkte würden Sie den Würdenträgern ans Herz legen und als Botschaft mitgeben?

  1. Jeder Mensch ist einzigartig und wertvoll.

  2. Wir Menschen müssen in unserer Ganzheit erkannt und wertgeschätzt werden.

  3. Aber auch: jeder Mensch entwickelt sich. Entwicklungsschritte, Lebensübergänge, Schicksalsschläge können Krisen auslösen. Krisen können zu Veränderungen vom gesamten Lebenskonzept führen. Bei solchen Neuorientierungen sind wir alle verunsichert. Das Alte gilt nicht mehr, das Neue ist noch nicht geboren.

In dieser Situation brauchen wir eine liebevoll hingestreckte Hand. Wir möchten ernst genommen und wertgeschätzt werden, für unser Sein, auch wenn unsere Taten vielleicht nicht eben der Norm entsprechen. Für mich ist das gelebtes Christentum.

Doris Beerli (2.v.links) und das Team der Paarberatung Zürcher Oberland

Doris Beerli (2.v.links) und das Team der Paarberatung Zürcher Oberland

Was bietet die Paarberatung und Mediation Zürcher Oberland?

Die Paarberatung und Mediation Zürcher Oberland: Das sind Fachpersonen aus Psychologie und Recht, mit dem Spezialwissen von Paar- und Familiendynamiken beim Zusammenleben und Auseinandergehen. Wir sind für alle da bei Beziehungsfragen, für Paaren, Einzelne und Mehrgenerationen, unabhängig von Beziehungsform, Herkunft und Religion. Konkret bedeutet das:

  • Wir bieten Beratung und Mediation an
    • bei Fragen des Zusammenlebens für Paare und Mehrgenerationen.
    • bei Partnerschafts- und Beziehungskrisen in jedem Lebenskontext.
  • Wir helfen
    • Unterschiede zu entdecken,
    • schwierige Situationen zu überwinden,
    • die Kommunikation zu verbessern
    • und Entscheidungen zu treffen, um die Lebens- und Beziehungsqualität verbessern zu können.
  • Wir unterstützen Paare
    • bei der Klärung von Konflikten beim Auseinandergehen
    • und erarbeiten mit ihnen Abmachungen und Regelungen
    • zum Wohl der Kinder und sich selber.

Kontakt

Paarberatung und Mediation Zürcher Oberland
Guyer-Zeller- Strasse 21
8620 Wetzikon
Telefon 044 933 56 00

Unsere Webseite: www.paarberatung-mediation.ch
Mailadresse: kontakt@paarberatung-mediation.ch

Dossier zur Familiensynode in Rom auf www.zhkath.ch