Kirche aktuell

Die ganze Gesellschaft profitiert

Die ganze Gesellschaft profitiert
Pfarrer in Winterthur
Hugo Gehring
Hugo Gehring
26. Oktober 2013

„Nicht wahr: Sie sind ein begeisterter Pfarrer in Winterthur!“ sagte eine Journalistin zu mir nach einem Interview. Tatsächlich bin ich gerne Pfarrer und auch gerne in Winterthur. Warum? Einerseits ist mein beruflicher Alltag sehr abwechslungsreich. Ich habe viel mit dem Leben zu tun – zum Beispiel bei Taufbesuchen, Ehevorbereitungen, Trauergesprächen. Ich darf dabei meistens das Leben würdigen – eine schöne Aufgabe!

Kirche schafft Lebensqualität

Andrerseits bin ich speziell dankbar, dass es uns in Winterthur in den letzten Jahren gelungen ist, in allen acht katholischen Pfarreien – wie bei den reformierten schon lange – einen professionellen kirchlichen Sozialdienst auf die Beine zu stellen. Denn die Diakonie, der Dienst am Menschen, gehört genauso zu den Grundaufgaben der Kirche wie Gottesdienst und Religionsunterricht.

Darüber hinaus gibt es noch ein paar kirchliche soziale Einrichtungen, die ich einfach toll finde: Da ist ein Haus nahe beim Bahnhof, das der Kirchgemeinde gehört. Im Ladenlokal im Erdgeschoss ist vor über 15 Jahren eine „Wochenendstube“ gegründet worden. Dort können jeden Samstag/Sonntag Menschen, die sonst alleine wären, zusammensitzen, zusammen reden, gemeinsam Kaffeetrinken, miteinander spielen. Darum herum hat sich ein Verein gebildet mit etwa 30 freiwilligen Gastgeberinnen und Gastgebern, welche die offenen Zeiten betreuen. Der Raum ist gut genützt und trägt zur Lebensqualität der Besucherinnen und Besucher bei.

Spaghetti und Internetkafi: wie aus wenig viel wird!

Ein anderes Projekt: Der Italienerpfarrer hat im Gebäude seiner Pfarrei vor rund zwei Jahren einen Mittagstisch eingeführt für Menschen mit kleinem Budget. Mit einer Schar Freiwilligen kochen sie dort von Montag bis Freitag ein feines Menü. 30 bis 50 Personen essen jeden Tag gemeinsam am Tisch und bezahlen 4 Franken für eine Mahlzeit.

Und noch so eine realisierte Idee: Eine unserer Sozialarbeiterinnen hat lange Zeit sogenannte Armutskonferenzen abgehalten. Armutsbetroffene konnten sich dort über ihre Situation austauschen Es hat sich immer klarer herausgestellt, dass ihnen ein Treffpunkt fehlt, an dem sie kostenlos auf das Internet zugreifen können. Als gemeinsames Werk des katholischen und reformierten Sozialdienstes und der Stadt Winterthur ist seit November 2011 der Treffpunkt „Vogelsang“ ganz nahe beim Bahnhof eröffnet worden. Dort integriert ist das Internetkafi Randstei. Pro Monat wird es von rund 1000 Personen besucht – Tendenz steigend.

Die ganze Gesellschaft profitiert

Solche soziale Initiativen und andere Dienste an den Mitmenschen – Besuche bei einsamen Menschen, in Altersheimen, Spitälern, Gefängnissen – werden in vielen Kantonen in der Schweiz aus Kirchensteuern von juristischen Personen, also Firmen, mitfinanziert. Denn von Werken, die zum sozialen Frieden beitragen, profitiert die ganze Gesellschaft. Das Engagement der Kirche ist mit ein Grund, warum ich als Pfarrer in Winterthur begeistert bin.

Hugo Gehring
Schweizer Fernsehen, Wort zum Sonntag vom 26.10.2013