Kirche aktuell

Bei der Wohnhilfe Schlieren spannen viele zusammen

Bei der Wohnhilfe Schlieren spannen viele zusammen
Kerstin Lenz
Kerstin Lenz
12. Januar 2016

Im August 2014 war es soweit. Die Wohnhilfe Schlieren konnte ihre schwierige Arbeit aufnehmen: Menschen zu helfen, die Mühe haben eine Wohnung zu finden. Hier spannen die Stadt Schlieren, die katholische und reformierte Kirche Schlierens zusammen. Ein Besuch.

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Die Wohnhilfe Schlieren liegt nah am Bahnhof – Pro Senectute ist gleich nebenan. Noch ist es ruhig, der „offene Computerraum“ lädt Wohnungssuchende erst am Nachmittag in die Wohnhilfe ein. Dann stehen Computer und Drucker sowie kompetente Hilfe von Barbara Graf und Rahel Fuchs zur Verfügung. Rahel Fuchs leitet die Fachstelle (Projektleiterin ist Judith Hüppi , Sozialarbeiterin des Seelsorgeraums Dietikon-Schlieren ) und erklärt:

„Viele Menschen auf Wohnungssuche haben zwar einen Computer aber sie sind nicht so fit in der Bedienung. Wir helfen ihnen, sich selbst zu helfen.“

Denn: In Schlieren ist bezahlbarer Wohnraum Mangelware. So startete der Kirchliche Sozialdienst des Seelsorgeraums Dietikon/Schlieren den Versuch, Klienten und Klientinnen der Sozialhilfe in Schlieren bei der Wohnungssuche zu unterstützen. „Der Sozialdienst schätzt unsere Bemühungen sehr und weist uns Menschen zu. Der Bedarf ist da“, so Rahel Fuchs. Mittlerweile steht das Angebot allen Personen, insbesondere Armutsbetroffenen, mit Wohnsitz Schlieren offen, die Unterstützung für die Wohnungssuche brauchen können.

Ein Mann bekommt vom Sozialdienst die Auflage, eine biligere Wohnung zu finden. Seine Wohnung ist gemessen an dem ihm zustehenden Geld zu teuer.

„Die  vorgegebenen Mietzinslimiten sind aus unserer Sicht eher zu tief angesetzt“ führt Rahel Fuchs aus. „Man muss viel Glück haben, eine entsprechende Wohnung zu finden.“

Bei einem Erstgespräch findet Rahel Fuchs heraus, welche Unterstützung nötig ist, wie lange schon nach einer Wohnung gesucht wird, welche Probleme wie zum Beispiel Schulden oder psychische Erkrankungen bestehen. „Die Wohnungssuchenden sind meist sehr verzweifelt, aber dankbar, dass ihnen Hilfe angeboten wird.“ Dass der Weg zur neuen Wohnung auch mit der Wohnhilfe schwierig sein kann, macht sie jedem klar. „Die Wohnungssuche ist sehr aufwändig, wir haben ja selbst keine Wohnungen anzubieten. Dann sind Menschen, die zum Erstgespräch da waren, schon enttäuscht und kommen nicht mehr wieder.“

Eine Familie wohnt zu fünft in einer 2-Zimmer-Wohnung. Die Kinder werden grösser und benötigen mehr Platz. Obwohl beide Eltern arbeiten, reicht das Geld für eine teure Wohnung nicht.

„Das ist leider Realität, dass viele Familien trotz Arbeitstätigkeit der Eltern zu den „Working Poor“ gehören. Sie arbeiten im Niedriglohnsektor und haben zu wenig Verdienst für eine ausreichend grosse Wohnung“, führt Rahel Fuchs aus und stellt weiter fest, dass es diese Gruppe sehr schwer auf dem Wohnungsmarkt hat. Auch gibt es auf dem Wohnungsmarkt – zumindest im Raum Schlieren – eher wenige Wohnungen, die 4,5- oder mehr Zimmer haben. Zudem geben viele Vermieter ihre grossen Wohnungen lieber an alleinstehende Paare als an Familien ab – erst recht, wenn die Familien drei oder mehr Kinder haben.

Wegen der Komplett-Renovierung des Hauses muss ein Mieter seine Wohnung verlassen. Die neue Miete nach der Renovierung könnte er sich nicht leisten.

Über Listen von Stiftungen oder Genossenschaften versucht die Wohnhilfe, hier zu helfen. Wobei das Ziel immer sei, dass die Betroffenen selbst suchen können. „Oft scheitert es schon an den vollständigen Unterlagen: Briefe und Beilagen wie der aktuelle Betreibungsauszug sind wichtig“, führt Barbara Graf aus, die zu 20% bei der Wohnhilfe arbeitet. „Wir raten auch dazu, einen Bewerbungsbrief zu schreiben, in dem man sich vorstellt. So wird die Bewerbung persönlicher.“ Freiwillige unterstützen im Computerraum, überraschend viele junge Menschen waren in den vergangenen Monaten dabei.

Rahel Fuchs (l.) und Barbara

Rahel Fuchs (l.) und Barbara Graf

„Harziger“ Kontakt mit Vermietern

Und doch merken auch die engagierten Mitarbeiterinnen von Wohnhilfe, wie „harzig“ es läuft, mit den grossen Liegenschaftsverwaltern wie auch mit Privatvermietern, da die Nachfrage nach Wohnungen riesig ist. Erst einmal hat ein Privatvermieter von sich auch eine Wohnung angeboten. Perspektiven für einen fairen Wohnungsmarkt schweben der Sozialarbeiterin Fuchs dennoch vor: „Es könnte zum Beispiel eine einkommensabhängige Miete geben, oder die Verpflichtung, bei grossen Liegenschaften eine gewissen Anzahl von Wohnung für sozial Schwache zur Verfügung zu stellen“. Die Realität ist natürlich ganz anders.

Ein anerkannter Flüchtling kann die Kollektivunterkunft verlassen. Er spricht als Muttersprache arabisch, nur wenig deutsch und ist zudem Analphabet.

Rund 85% aller Hilfesuchenden im vergangenen Jahr kamen nicht aus der Schweiz sondern aus aller Herren Länder. „Die Flüchtlinge mit dem Status F haben es besonders schwer, da die meisten Verwaltungen diesen Status gar nicht kennen oder ganz klar sagen, dass sie die Bewerbungen nicht beachten. Sie wollen `einfache` Mieter“. So gibt es nun ein kleines Informationsblatt der Wohnhilfe, das den Status F erklärt und den Bewerbungen beigelegt werden kann.

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Raus auf`s Land?!?

Oft rät die Wohnhilfe auch zu örtlichen Veränderungen, das heisst die Suche auszuweiten, um die Chance, eine Wohnung zu finden, zu erhöhen. Das führt dann häufig aber zu weiteren Problemen. Der neue Arbeitsweg ist zum Beispiel viel teurer, weil er zu weit mit dem Velo ist – und ÖV kostet. Oder das normale Betreuungsangebot von Krippe und Hort reicht rein zeitlich nicht mehr aus, die Kinder müssen sich auf ein neues soziales Umfeld einstellen. „Für manche ist es unvorstellbar, wenn es keinen Bahnhof im Ort gibt“, so Rahel Fuchs. „Dazu kommt, dass Schlieren ein gutes Angebot für soziale und berufliche Integration hat. Da können kleine Gemeinden nicht mithalten.“

Die Wohnhilfe Schlieren freut sich über Wohnungsangebote und Freiwillige, die sich einbringen möchten.

www.wohnhilfe-schlieren.ch