Kirche aktuell

Abstimmungsdebatte: Hart ja, aber bitte ehrlich und fair!

Abstimmungsdebatte: Hart ja, aber bitte ehrlich und fair!
Arnold Landtwing
Arnold Landtwing
06. Mai 2014

Der Endspurt zum Abstimmungssonntag hat begonnen. Und es ist leicht festzustellen, dass der Ton zunehmend schärfer wird. Die Initianten greifen dort, wo ihnen die Argumente fehlen, in die Trickkiste. Sie scheuen auch vor dem Vorwurf nicht zurück, dass die Kirchen unchristlich handeln, wenn sie sich an die heutige Gesetzgebung halten.

Auf Twitter habe ich etliche Diskussionen mit verschiedenen Exponenten der Befürworter-Seite geführt. Aus meiner langjährigen eigenen Erfahrung in der Seelsorge weiss ich, an wie vielen Orten die Kirche präsent ist, wo man sie gar nicht vermutet. Deshalb habe ich versucht, diese pastorale Seite in den Diskussionen einzubringen.

Im Folgenden soll mit vier Tatsachen aufgezeigt werden, wie doppelzüngig die Argumentation der Initiative ist und welche Motive wirklich dahinter stecken.

Kirchensteuerinitiative ist eine Mogelpackung

Die Kirchensteuerinitiative wurde 2011 gestartet und trägt den irreführenden Titel „Weniger Steuern fürs Gewerbe (Kirchensteuerinitiative)“. Argumentiert wird damit, dass die Firmen um 100 Millionen Franken im Jahr entlastet werden sollen. Die Medienmitteilung der Pressekonferenz vom 16. September 2011 anlässlich der beginnenden Unterschriftensammlung lautete „Volksinitiative zur Entlastung des Gewerbes“

In Veranstaltungen im Jahr 2014 leitet der Präsident der Jungfreisinnigen, Andri Silberschmidt, sein Votum jeweils ein, indem er betont: die Initiative ist keine Steuerinitiative . Damit widerspricht er dem Titel, es gehe um eine Entlastung des Gewerbes und Argumenten, auf denen die Initiative basiert.

1. Tatsache: Die Kirchensteuerinitiative ist eine Mogelpackung

Verkappte Initiative zur Trennung von Kirche und Staat

Nirgendwo, auch nicht in den Presseunterlagen, war im September 2011 in irgendeiner Art und Weise davon die Rede, dass es im Kern um eine Trennung von Kirche und Staat geht.

Erst zwei Jahre später (!), nämlich im Oktober 2013, taucht in einer Medienmitteilung der Hinweis auf „ Schlussendlich geht es bei der Abstimmung darum, ob man eine strikte Trennung zwischen Kirche und Staat will, was die JFZH fordern.“

Wer also in den ersten zwei Jahren unterzeichnet hat, wusste noch nichts von diesen Argumenten und dass es um eine verkappte Trennungsinitiative geht. Im Prinzip wurden alle Unterzeichner der Initiative in den ersten zwei Jahren, die damit zum Zustandekommen beigetragen haben, betrogen : Die Trennung Kirche-Staat war nicht thematisiert.

Gerne weist denn Andri Silberschmidt auf dem Podium darauf hin, die Initiative sei keine Trennungsinitiative .

Werden die Jungfreisinnigen auf diese Diskrepanz angesprochen, schweigen sie. Sie wissen warum. Auf Twitter gesteht Andri Silberschmidt dann aber ein, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist.

In den zahlreichen Veranstaltungen im Jahr 2014 leitet der Präsident der Jungfreisinnigen, Andri Silberschmidt, sein Votum jeweils ein, indem er betont: die Initiative ist keine Trennungsinitiative . Damit widerspricht er der Medienmitteilung , für die er selber als Auskunftsperson zur Verfügung steht. Dies trägt notabene den Titel: „Kantonsratskommission mutlos, was die Trennung von Kirchen und Staat betrifft.“

Landtwing Arnold Illu 2014-05-03_14-40-55

Die Antwort von Andri Silberschmidt auf meine sehr klare Frage zur Trennung von Kirche und Staat bleibt unspezifisch. An Zeichen hätte es in diesem Tweet nicht gefehlt.

Interessant: Im laufenden Abstimmungskampf bekämpfen die Jungfreisinnigen auch die Mindestlohninitiative . Dies mit dem Argument, dass da Arbeitsplätze abgebaut werden. Genau dies wird jedoch der Fall sein, wenn die Kirchensteuerinitiative angenommen wird: Stellen werden gestrichen, Arbeitsplätze abgebaut.

Was wollen denn die Jungfreisinnigen: Arbeitsplätze erhalten oder vernichten?

2. Tatsache: Die Kirchensteuerinitiative ist eine verkappte Initiative zur Trennung von Kirche und Staat

Ideen sind wirtschaftsfeindlich standortgefährdend

Das Jubiläumsbuch hat Kosten für Druck und Satz von rund 55‘000 CHF ausgewiesen. Dieser Auftrag wurde – wie immer – einem Unternehmen im Kanton Zürich übergeben. Abklärungen zeigen, dass die Vergabe des Auftrags ins Ausland rund 1/3 billiger gewesen wäre.

Auf den Hinweis bei einer Podiumsveranstaltung , hier zeige sich verantwortungsvoller Umgang mit juristischen Kirchensteuergeldern, weil sie wieder an die Firmen im Kanton zurückfliessen, antwortete Andri Silberschmidt, verantwortlicher Umgang wäre gewesen, den Auftrag ins Ausland zu vergeben und damit zu sparen.

Damit empfiehlt die JFZH den Kirchen Grossaufträge ins Ausland zu vergeben. Solche Vergaben von Aufträgen ins grenznahe Ausland schwächen und gefährden genau Arbeitsplätze im eigenen Kanton und in der Branche, die unter hohem Druck steht.

In die Wirtschaft des Kantons fliessen mit solchen Aufträgen Gelder der juristischen Personen zurück. Die kleinen Unternehmer wissen dies genau, weil sie davon profitieren. Die kleinen Unternehmer wissen es auch zu schätzen, dass sie regelmässig von kirchlichen Institutionen für Aufträge vor Ort berücksichtigt werden.

Kurze Zeit später dementiert seine Aussage wieder auf Twitter:

Landtwing Arnold Illu 2014-05-03_15-02-44

Die FDP ist in sich selber nicht einig. Während dem die Jungfreisinnigen sich für ein JA einsetzen, bekommen sie innerhalb der Partei Widerstand von besonnenen und erfahrenen Politikern, die teils sogar Mitglied im Komitee Kirchensteuer-Initiative Nein sind. Die Mutterpartei in Zürich rang sich in einem zweiten Anlauf nur sehr knapp zu einem Ja durch. Winterthur sagt  Nein.

Diese wissen um die vielfältigen Leistungen der Kirchen und vor allem um die Hebelwirkung , welche die Kirchen mit Freiwilligeneinsatz zugunsten der Projekte umsetzen können. Berechnungen gehen davon aus, dass 1 Franken Steuergeld 6 Franken Leistung auslösen.

3. Tatsache: Die Ideen der Jungfreisinnigen sind wirtschaftsfeindlich standortgefährdend

Argumentation mit falschen Beispielen

Auf dem Podium bringt Andri Silberschmidt mit Vorliebe das Beispiel, dass der muslimische Besitzer des Kebabstandes Kirchensteuern bezahlen muss. Auf Twitter angefragt, wie viele muslimische Kebabstände er kenne, die Kirchensteuern bezahlen müssen, antwortete er: NewPoint.

Landtwing Arnold Illu 2014-05-03_15-15-51

NewPoint ist alles andere als ein Kebabastand, nämlich ein Gastrounternehmen als GmbH organsiert, mit 9 Restaurationsbetrieben und teilweise 90 Sitzplätzen drinnen und 90 Sitzplätzen draussen.

4. Tatsache: Die Initianten argumentieren mit falschen Beispielen

Sogar befürwortende Piraten haben manchmal Humor

In einem Tweetaustausch kreuzte ich mit  David Herzog (Piraten) verschiedentlich die Klingen. Die Kurzdebatten sind jeweils scharf, aber fair und des öftern interessant und zeigen, dass mit 140 Zeichen durchaus ein anregender und weiterführender Austausch stattfinden kann. Am Schluss einer Diskussion gestand Herzog ein, dass seine Argumente falsch sind, nicht ohne darauf zu bestehen, die Argumente der Gegner seien noch falscher.

Die Einladung zum Bier war ernst gemeint und ich bin gespannt darauf, @diuuk persönlich kennenzulernen und mit ihm in einem Meinungsaustausch zu bleiben.

Landtwing Arnold Illu 2014-05-03_15-23-28

Ein Lichtblick: manchmal haben sogar befürwortende Piraten Humor

Ich finde die Diskussion um die Kirchensteuer-Initiative wichtig. Im Zuge der Abstimmung setzen sich viele Menschen mit den vielfältigen Leistungen auseinander, welche Kirchen schon seit Jahrzehnten erbringen. Ich bin jedoch der Meinung, dass die Debatte fair geführt werden muss. Denn jede Unterstellung und Falschbehauptung trifft all jene, die sich beruflich oder freiwillig im Namen der Kirchen zum Wohl der Gesellschaft einsetzen. Und eine unfaire Behandlung haben sie bei Gott nicht verdient.