Grossmünster als Klangraum für Grundeinkommen
Was hat Kirche mit Grundeinkommen zu tun? Christoph Sigrist , reformierter Vordenker und Pfarrer am Grossmünster in Zürich, nutzt den Chorraum als Klangraum für die Debatte. Für Samstag, 7. Mai, lädt er ein zur Diskussion über Risiken und Chancen eines bedingungslosen Grundeinkommens. Warum, erklärt er in unserem Blog.
„Menschenwürdiges Dasein“, „Leben in Würde für alle“, „Teilhabe am gesellschaftliche Leben“, „gerechte Verteilung und Konsum der Güter“, „Menschenrechte“ sind Werte und Ideale, die aus den jüdisch-christlichen Traditionen hervorgegangen sind. Wenn sich die Kirchen in politische Debatten einmischen, tun sie das auf diesem Fundament, um diese Werte in die öffentliche Debatte einzubringen.
Um diese Werte geht es auch bei der Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen , über welche wir am 5. Juni abstimmen.
Sozialsystem braucht neue Lösungsansätze
Gegner und Befürworter dieses neuen Ansatzes gibt es quer Beet in allen politischen Lagern. Wo die einen nur Risiken sehen, erhoffen sich andere zukunftsweisende Chancen. Klar ist aber für (fast) alle, dass ein Sozialsystem, dessen Finanzierung primär auf Abgaben der Erwerbsarbeit abstützt, in einem Zeitalter, in dem es zunehmend weniger Erwerbsarbeit geben wird, neue Lösungsansätze braucht.
Dumpfe Polemik wie etwa die, das Grundeigentum würde lediglich die Faulheit der eh schon Faulen noch weiter anstacheln, führt uns nicht weiter. Auch naive Vorstellungen einiger neoliberaler Zeitgeist-Propheten, wonach mit dem Grundeinkommen möglichst kosteneffizient das zu erwartende Heer der vom Arbeitsmarkt Ausgeschlossenen stillgehalten werden könne, greifen viel zu kurz.
Sinnvolle Arbeit und Beschäftigung gehören eben auch zu einem Leben in Würde – und das gilt für alle.
Aber muss es zwingend bezahlte Erwerbsarbeit sein?
Debatte muss sorgfältig geführt werden
Kurz, die Debatte muss dringend geführt werden, Und zwar sorgfältig, aufeinander hörend, Argumente von hüben wie drüben gegeneinander abwägend. Eine der Auseinandersetzungen über Inhalt und Absicht der Initiative wird am Samstag, 7. Mai, unter dem Titel „Zukunftsdialog“ im Chor des Grossmünsters Zürich stattfinden. An diesem Ort hat vor 500 Jahren Huldrich Zwingli, der Reformator der Zürcher Reformation, zusammen mit seinen Kollegen während sechs Jahren die Bibel auf Deutsch übersetzt: Es wurde heftig und auch kontrovers debattiert und diskutiert. Antrieb war die Einsicht:
Was Gott für die Menschen vorgedacht hat, sollte vom Menschen auf die aktuelle Zeit hin nachgedacht werden.
Arbeiten und Lieben
Beim Arbeiten und beim Lieben geht es um Grundvollzüge des Menschen. Bei beiden, Arbeiten und Lieben, spielt die Zeit eine entscheidende Rolle: Sechs Tage sollst Du arbeiten, den siebten Tag sollst Du Gott, Deinen Nächsten und Dir selbst widmen.
Arbeit als Hegen und Pflegen für den Wohlstand aller und Zeiten für sich, die Beziehungen und für Gott sind Erbe unser abendländischen Kultur. Damit lassen sich überraschende Blicke auf die Frage nach der Sicherung der Existenz und der Stellung der Arbeit gewinnen, auch kritische Anfragen an die Veränderungen in der Arbeitswelt und der Demografie.
Wenn Hegen der Natur und Pflegen der Kultur nicht mehr ausschliesslich mit bezahlter Arbeit gesichert werden können, müssen grundlegende Debatten über Existenz, Einkommen und Arbeit erfolgen.
Die Initiative ist ein wichtiger Beitrag, der Chorraum des Grossmünsters der geeignete Klangraum dazu. Seien auch Sie herzlich willkommen!
Christoph Sigrist ist Pfarrer am Grossmünster in Zürich
Eine notwendige Vision, wenn die Roboter uns die Arbeit weg nehmen
Die Meinungen zu diesem Thema sind und bleiben einfach sehr unterschiedlich. Letztendlich kann es für viele aber eine tolle Chance sein, um endlich wieder den Weg ins Leben zu finden.
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